Liebe W124-Freunde,
Nachdem mich folgendes Thema schon längere Zeit beschäftigt möchte ich Euch gerne um Eure Meinung dazu bitten.
Kurz vorweg ich habe zwar schon öfters Kommentar zu Themen verfasst, mich jedoch noch nicht wirklich vorgestellt. Ich heiße Andreas, bin in der Nähe von Wien zuhause, mag (wie wahrscheinlich die meisten hier) alte Autos (insbesondere VK Diesel) und bin gerade seit einiger Zeit dabei einen W201 2,5D von Grund auf zu sanieren. Im November vergangene Jahres hat mich ein pajettroter S124 300TD Bj 1990 mit Schaltgetriebe „ereilt“. Der Wagen hat ausser ASD, vorne el FH, SD, ATA keine SA und ist grundsätzlich von der Karosserie her (bis auf die klassischen Stellen an den Rahmen der hinteren Seitenscheiben) in einem guten Zustand. Derzeit hat er 346000km am Tacho und seine schwarze Stoff-Innenausstattung ist ebenfalls gepflegt und kaum verschlissen. Ich habe das Fahrzeug (neben dem emotionalen Faktor) als Reise-, Zug- und Transportfahrzeug gekauft.
Nun zum eigentlichen Thema. Schon beim Kauf ist mir aufgefallen dass das Fahrzeug in der Warmaufphase ekelhaft nagelte. Später stellte ich auch ein leichtes Bläuen in ebendieser Temperaturphase beim OM603 fest. Mich hat das alles jedoch nicht wirklich gestört, da ich sowieso vorhatte bei der Maschine die „große Hafenrundfahrt“ durchzuführen zu der m.E. auch eine neue Weichstoff-ZKD nach 31 Jahren gehört (eine Metall-Lagen Dichtung hätte ich wahrscheinlich nicht getauscht). Bevor ich mit der Arbeit begann hab ich die Kompression gemessen die sich an allen 6 Zylindern im Bereich von 25-27 Bar bewegte, also alles gut in der Norm. Nach Abnahme des Zylinderkopfes hatte ich 6 Zylinderbohrungen ohne erkennbarem Ansatz mit einem wunderschönen Honbild vor mir. Ich ließ den Kopf 1/10mm planen, schliff die Ventile neu ein, überprüfte den VK-Überstand, fräste den Sitz der 4. VK mit dem Klann Werkzeug nach (war leicht undicht), gab ihm an ebendieser VK einen Distanzring und baute alles komplett neu abgedichtet mit neuer Steuerkette und neuen GK, WP etc. wieder zusammen. Die VKammern hab ich dabei auch alle gezogen gehabt und kontrolliert (Glühkugel). Anschließen tauschte ich noch die Dichtungen der Druckhalteventile und dichtete die Dieselförderpumpe neu ab. Den Förderbeginn hab ich mit der Ampel auf 15 Grad nach OT gestellt. Der Motor springt jetzt perfekt auf Schlag auf allen 6 Zylindern an (sowohl warm, als auch kalt), jedoch nach ca. 1/2 Minute Leerlauf beginnt er wieder im Kaltlauf zu nageln und leicht zu bläuen. Ist er erst mal warm ist das Nageln und das Bläuen größtenteils weg, auch ab ca. 1500Umin im Kaltlauf. Das Fahrzeug wird (sobald unser derzeitiger Lockdown vorbei ist) angemeldet und dann einmal gefahren. Ich gehe davon aus dass dann auch das Nageln verschwinden wird, wenn nicht bekommt er noch neue Düsen. Die alten Düsen hab ich abgedrückt, die Öffnung war bei 110 - 115 Bar und ich würde sagen das Spritzbild war ok. Wenn man einzelne Düsen „provozierte“ konnte man einen feinen Vorstrahl feststellen - ich weiß nicht ob das normal ist da ich mit dem Spritzbild von ESD keine Erfahrung habe. Was mich jedoch nun irritiert und wo ich auch keine plausible Antwort in meinem Auto-affinen Freundeskreis finden konnte ist nun jedoch folgende, in vielen Artikeln in diversen Foren wird über das Phänomen berichtet, dass egal ob OM601,602 oder 603 eine längere Strecke gefahren werden muss (letztendlich unter Last mit Dieseldurchsatz) um die Düsen zu entlüften und das Nageln wegzubekommen. Das nehme ich als Erfahrung Vieler zur Kenntnis, doch was hat MB bei der Herstellung dieser Fahrzeuge anders gemacht um das Nageln nach der Fertigung und Inbetriebnahme zu beseitigen. Die sind doch nicht 1000km unter Beimischung von 2T Öl gefahren um die Motoren leise zu bekommen. Auch hätte ein Kunde der für sein Fahrzeug damals 500.000 Schilling oder 71.000 Mark bezahlt hat nicht akzeptiert wenn ihm der Händler gesagt hätte dass der Motor erst noch 1000km benötigt um leise zu werden. Es würde mich freuen wenn jemand von Euch eine Antwort auf diese Frage hätte, ich würde es einfach gerne verstehen.
Liebe Grüße aus Österreich
Andreas