Mercedes W 124 - Vordere Hinterachslager erneuern - Topflager wechseln ohne Ausbau der Achse

  • Dies ist ein Erfahrungsbericht. Keine allgemein gültige Reparaturanleitung. Das bedeutet,dass ich meine vorderen Achslager in der beschriebenen Form überholt habe. Es gibt in vielen kleinen Arbeitsschritten diverse Variationsmöglichkeiten. :thumbup:


    Dies ist keine Aufforderung selbst Hand an die eigene Hinterachse des 124ers zu legen. :!:



    Was rappelt da eigentlich so an meinem W 124 hinten rum??


    Gerne genommen: "da muss man mal die Hardyscheibe erneuern" " Die Lagerung vom Differential gehört gewechselt"
    "Die Dingens da an der Hinterachse müssen mal gewechselt werden, die zum schieben und so..."
    Meine Erfahrung: "Wenn es hinten schüttelt beim flotten Anfahren in Gang 1 und 2 und beim leicht unsensiblen Runterschalten in Gänge 3 und 2 abwärts..... ist folgende:
    Es hat häufig die Hinterachslager zerrissen!!! In der Regel die vorderen(kleinen Topflager / Gummilager / Hinterachslager ... haben mittlerweile viele Namen...).
    Diese Lager leiden mehr als die Diff-Lager. Auch halten die etwas größeren hinteren Achslager in der Regel wesentlich länger.
    Die beiden hinteren Topflager (die Großen) gehen auch kaputt, aber meistens erst, wenn die vorderen lange dran "rumgewackelt haben."


    Deshalb jetzt mal eine Vorgehensweise, wie die vorderen Topflager / Hinterachslager gewechselt werden können, ohne Ausbau der Hinterachse.
    Diese Vorgehensweise ist natürlich nur sinnvoll, wenn die vorderen Achsaufnahmen der Hinterachse nicht durchgerostet sind. Ich habe mit der folgenden Vorgehensweise diese Reparatur durchgeführt.



    Topflager Ausbau Teil I




    Um die vorderen Achslager zu überprüfen muß man die hinteren Räder abschrauben und nachschauen:


    Alles in diesem Bereich eher nicht katastrophal (Gummi des Lagers ist noch intakt - die inneren Aluhülsen sind nicht zu sehen). :) Rad wieder drauf schrauben,
    Bier aufmachen und etwas sinnvolles tun... allerdings muss dann an anderer Stelle die Ursache für das Klappern gesucht werden…




    Sieht es so bei entlasteter Achse aus? :( : Dann müsst ihr weiter lesen ... Aluhülse hängt frei rum und damit wird die Achse nur noch von der Schraube gehalten.




    Neuteil (hier Lemförder) pro Stück unter 20 € und das notwendige Werkzeug: Juchhu... Endlich mal ein Einsatz für den guten alten Zweiarmabzieher,
    der hier hat gerade mal 14 € gekostet plus Basicwerkzeug. Die Zylinderhülse ist von meiner Traggelenkpresse kann aber durch passende Nuss ersetzt werden, die gerade durch die Bohrung der Achsschale (Topf) passt.



    Vorarbeiten:


    - Auto hinten hoch
    - Auspuff ab Mitte abbauen.....erleichtert sowohl das Lösen Klemmmutter der Kardanwelle, als auch das spätere Absenken des vorderen Achsbereichs.
    Ich habe mal bei einer Limo nur den Auspuff an den Gummis abgehängt...hat aber genervt und habe gefühlt länger gebraucht....
    - Bei Niveauregulierung die kleine verstellbare Stange zwischen Höhenregler und Stabbistange am Regler lösen (SW 10; Gegenhalten kann man mit 7er Maulschlüssel direkt in der Mitte der Gewindestange hinter dem Hebelblech des Reglers.
    - Räder hinten ab
    - 3 Schrauben des Hitzeschutzblechs über dem Mitteltopf mit 8er Schlüssel lösen und Blech abnehmen.




    - die beiden 13er Schrauben des Kardanmittellagers mit Nuss und Verlängerung (bei der linken Schraube) abschrauben. Falls man die Achse sehr weit absenken möchte, um bei der Gelegenheit die Hinterachsaufnahmen zu
    entrosten, sollte man die Klemmmutter der Kardanwelle lösen.



    SW 41 für die vordere Kardanhälfte und SW 41 bis 5 Zylindermotoren und SW 46 ab 6 Zylindermotoren bereithalten. Nach dem Lösen der Klemmutter muss noch der Kardan hinten am Differential gelöst werden.



    Jetzt einen Wagenheber (der auch den Druck hält) unter das Differential (Gummiauflage verwenden) und auf leichte Spannung bringen.




    19er Nuss mit Knebel und Rohrverlängerung nehmen und beginnen die Schrauben der vorderen Topflager LAAANGSAM LÖSEN: geht es gut,
    dann abwechselnd ganz herausschrauben.... geht es Schei... und knarzt, dann KAFFEE holen und ganz langsam schrittweise weiter lösen. Diese Schrauben müssen raus.
    Wenn es schwer geht, werden sie auch heiß und brauchen Zeit und Rostlöser.....
    Wenn die Schrauben raus sind, den Heber senken und es geht los.



    Der Rand des alten Topflager muss mit dem Meißel etwas angehoben werden (auf 5 Uhr etwa ...beim rechten Lager, beim linken halt auf sieben Uhr).



    Der Abzieher wird von unten angesetzt (Mit Druckstück oder aufgesetzter Nuss etc. was halt so gerade knapp durch die Bohrung passt).


    Fortsetzung folgt

  • Und schon gehts weiter......



    Hier sieht man den Ansatz des Abziehers mit Druckstück von unten(alternativ einer passenden Nuss). Er greift auf 5 und 11 Uhr und zieht dann gerade (linke Seite ist es 7 und 1 Uhr)



    Mist.... diesmal will das Lager nicht komplett raus. Die Außenhülse bleibt drin. egal.... siehe folgendes Bild



    Die Innenhülse unter der Hinterachsaufnahme mit Meißel oder kräftig zupackendem Handschuh nach innen drücken und rausziehen.... geht schon...wenn der Wagenheber unter dem Differential entlastet wird, kann man die Achse einseitig runterdrücken!



    Mit dem Meißel vom RADHAUS AUS wieder kräftig auf die Reste des Lagers kloppen, damit das Gemurkse demnächst erneut vom Zweiarmabzieher hochgedrückt werden kann....wenn man mutig ist kann man durch Hitze ( :devil: ) von außen nachhelfen. Kommt aber auch so raus....das olle Lager :thumbup: .


    Und da ist dann das Misststück.......



    Der Kreis schließt sich... Opfer und Neuteil und Werkzeug ....


    Dauer der ganzen Aktion: etwa eine Stunde ohne Schwitzen bis hierher. Da der ganze Benz hochgebockt ist, dauert die andere Seite nur noch 10 bis 15 Minuten....


    Ach ja: Achse nur "Hängen lassen“, wenn ihr direkt dran arbeitet... schont die hinteren Topflager.....



    Einbau der neuen Topflager - Vorderes Hinterachslager Teil I


    Topflager (vorne), die man ausgebaut hat, muß man ja auch wieder ersetzen:


    Vorher die Achse wieder ablassen (Wagenheber entlasten)



    Das "Spezialwerkzeug". Eine vernünftige Schraube mit 2 passenden Muttern und großen, "vernünftigen" Scheiben reicht. Der Rest ist Standard, siehe Bild. Die alten Lager im Bild habe ich nicht mehr eingebaut



    Der Lagersitz ("Topf") sollte zuvor entrostet und ordentlich lackiert sein. Die Achsen rosten gerne hier von innen nach außen durch. Etwas Spülmittel oben an den Rand streichen, damit das Gummilager besser reinrutscht...



    Das Lager auflegen (dazu eventuell die Achse etwas runterdrücken - Nachbar, Perle, Sohn/Tochter stellen sich auf die Radnabe etc.) und in die richtige Position legen.



    Mit einer Brechstange etc. lässt sich das Lager jetzt problemlos etwa 1 cm reindrücken.


    Fortsetzung folgt

  • und weiter gehts....ist gleich fertig! :P



    Mutter auf die Schraube setzen und aufdrehen. Dann erste große U-Scheibe drauf und von unten durch Topf und Lager führen. Oben die zweite große U-Scheibe drauf und die zweite Mutter aufdrehen bis das Gewinde bündig ist.
    Jetzt untere Mutter soweit mit der Scheibe an den Topf von unten drehen und den großen Maulschlüssel (z.B. 30er) noch zwischen Topf und Scheibe schieben. Nur so kann das Lager vollständig eingezogen werden (Wenn ihr euch das neue Lager
    anschaut erklärt es sich von selbst). Und nun die Schraube unten halten und die Mutter in der Mitte spannen, bis das Ganze sitzt



    Das Ganze mal von unten betrachtet



    passt schon!!! :wink:


    Finale:
    Neue Schrauben durch die Lager in die Hinterachsaufnahmen drehen (70 Nm -80 Nm) falls ihr die Alten wiederverwendet...unbedingt Schraubensicherung nehmen. Besser und bei DB vorgeschrieben sind Neue!!!
    Falls ihr den Kardan hinten am Diff getrennt habt wieder mit neuen selbstsichernden Muttern und 45 bis 50 Nm festziehen.


    Auto auf die Räder stellen. Etwas vor- und zurückschieben und dann die Schrauben vom Mittellager der Kardanwelle festziehen ( 25 Nm ). Die große Klemmmutter der Kardanwelle vorher – falls ihr sie gelöst habt mit 30 - 40 Nm festziehen. Das Hitzeschutzblech über dem Auspuff anbauen (Die vordere 8er Schraube ist etwas fummelig).


    Und jetzt wird es hoffentlich weniger wackeln und nicht mehr klappern.
    Bei meinen W 124 wackelt seit dem gar nix mehr!
    :music:


    (Edit: Größtenteils habe ich dies im Sommer 2016 erstellt. Mit kleinen Veränderungen wirds vielleicht Jemanden nützen, falls die Hinterachskonsolen mal gut sind und nur das Klappern weg soll.)

  • Tolle Anleitung, ist man ja von dir schon gewohnt, alle Daumen hoch für die Arbeit!


    Ergänzend kann ich noch eine kleine Empfehlung geben...


    Wenn man mal im Baumakrt ist und noch 2 Euro in der Tasche, kauft euch Rohrgleitmittel, da kann man so oft gebrauchen und kostet sehr wenig.


    Wenn man Rohrgleitmittel statt Spülmittel verwendet, dann dürfte es noch besser gehen. Hatte mal Rohre, die ließen sich mit Spüli nicht verbinden, mit Rohrgleitmittel hingegen schon. Wenn es dann um so Kraftakte geht wie hier, dann könnte der Effekt noch größer sein.


    https://www.stabilo-sanitaer.d…l-abwasserrohre/a-438744/

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    Alles rund um Instandsetzungs-, Wartungs- und Pflegearbeiten an meinen W124 gibts in meinem Weblink zu sehen.




    Es darf "geliked" und "gefolgt" werden :)

  • einfache Vaseline geht auch super


    ich kloppe die Lager immer einfach das raus bei einseitig abgesenkter Hinterachse


    hineinziehen dann mit einer größeren Schraube / Geweindestange und diversen Unterlegmechanismen...was grad so da ist


    das größere Problem ist es meistens die hinteren Topflager von der Aufnahme zu lösen



    und vergesst nicht die vorderen Hinterachsaufnahmen grob zu entrosten und dann ordentlich Vaseline / Mike Sanders drauf



    Grüße

  • Ich hab Vaseline und Rohrgleitmittel da...werde heute Abend mal probieren, ob es einen spürbaren Unterschied gibt und berichten.


    Die hinteren Topflager waren bei mir auch mit der Aufnahme verschweiß, eine Katastrophe....weiß gar nicht wie lange ich da Entlastunggschnitt geflext hab...irgendwann war ich es satt, hab was untergelegt und das Lager angezündet...damit konnte ich meine Absicht durchsetzen 8)


    In dem Zustand in dem meine Lager waren, wäre das hier vorgestellte Vorgehen auch nicht möglich gewesen, hatte richtig Mühe die aus der ausgebauten Achse zu bekommen.

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  • Für die hinteren Topflager, wenn die Biester mal wieder am Zapfen hängenbleiben:


    Stabile Metallstange mit entsprechendem Durchmesser ins Loch des Topflagers (alternativ tuns auch zwei 1/2"-Verlängerungen), Alukern des Lagers ein wenig mit der Lötlampe warm machen und dann rütteln. Dann kommt die Hinterachse nach kurzer Zeit runter.
    Erfahrungsgemäß bringt die Hebelei mit einer Brechstange nur wenig...


    Zum entfernen der Lager aus dem Achsträger:
    Alukern solange erhitzen, bis der aus dem Gummi rausfällt.
    Dann rundherum mit einem scharfen Meißel die Bördelung der Lager solange tief aufklopfen, bis diese ebenso nachgeben.
    Dauert ein paar Minuten, aber irgendwann kommen die Biester...

  • Also zum EInziehen habe ich gestern Vaseline vs. Rohrgleitmittel und Spüli vs Rohrgleitmittel ausprobiert...


    Es war kein spürbarer Unterschied...muss aber auch gestehen, dass das viel leichter ging als ich dachte, hab die Lager zuvor durchgefroren.


    Mir ist nur aufgefallen, dass das hintere rechte Topflager etwas schief steht, verglichen mit dem linken Topflager.


    Ich hab es gerade entsprechend der Kontur angesetzt aber mit zunehmender Einziehtiefe wurde es optisch immer schiefer...


    Also hab ich mir die Bilder beim Ausbau angeguckt und festgestellt, dass das bei den alten Lagern auch schon so war.


    Da kann doch unmöglich ein Sinn hinter sein, oder? Also die v-förmige Schiefstellung, symmetrisch zur Mittelachse würde ich nachvollziehen können, dass eine Seite aber anders ist, als die andere...das verstehe ich nicht.


    Im Nachhinein habe ich zudem festgestellt, dass die MB Teilenummer auf den Lemförderlagern einmal rechts und einmal links steht. Also die Lager haben die gleiche Teilenummer, sind aber augenscheinlich doch irgendwie anders und paarweise verpackt.


    Alles in allem habe ich das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben, kann mir aber nicht vorstellen, dass ich da was falsch machen konnte...mehr als Einziehen geht ja nicht. Dass sich die Lager beim Eintopfen gegen die Kontur verdreht haben, dass kann ich mir absolut nicht vorstellen, die Form der Lager und die Form der Aufnahme sind stärker als jeder Menschenwille



    EDIT: Sorry, sehe grade, dass ich hier im falschen Thema bin....das war hier ja die Nummer mit den vorderen Topflagern....